Am 9. Dezember 1968 ging einer der größten Musikskandale der Geschichte über die Bühne: Die Uraufführung von Henzes „Floß der Medusa“, live von 22 Rundfunksendern weltweit übertragen, verdank in Hamburg in Tumulten, während derer von einer Hundertschaft Polizisten alle Gäste, die wie Studenten aussahen, wahllos zusammengeschlagen wurden. Auslöser waren ein von Studenten angebrachtes Konterfei von Che Guevara, dem Widmungsträger des Werkes, und eine Rote Fahne, in deren Nähe der aus Berlin eingeflogene RIAS-Chor nicht singen wollte.
Während im Radio der Mitschnitt der Generalprobe erklang, setzten schon am nächsten Tag die deutschen Opernhäuser und Konzertorchester Henzes Werke vom Spielplan ab, die DG nahm seine Platten aus dem Sortiment.
Das Oratorium erzählt die erschütternde Geschichte von den Menschen, die sich beim Untergang der Fregatte Medusa im Jahre 1816 auf ein Floß retten konnten (während sich die Privilegierten in den Rettungsbooten absetzten). Das hoffnungslos überladene Floß treibt auf dem offenen Meer, weil jemand das Verbindungsseil zu einem der Rettungsboote gekappt hat. Immer mehr Menschen gehen über Bord, teils durch Gewalt, teils durch Wahn oder Schwäche. Lebensmittel und Wasser gehen zu Ende; nur zwei Menschen überleben.
Der international anerkannte Henze-Experte Markus Stenz dirigiert das Niederländische Philharmonische Rundfunkorchester am 22. November im Concertgebouw zu Amsterdam.