Viele seiner literarischen Texte liegen publiziert vor, doch die Briefe, die Henze mit prominenten Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts ausgetauscht hat, sind bis auf wenige Ausnahmen bisher unveröffentlicht. Doch gerade sie liefern unbekanntes Quellenmaterial zur Werkgenese und wertvolle Erkenntnisse zur Aufführungspraxis nicht nur von Henzes Werk im Besonderen sondern auch zur gesamten Musikgeschichte der Nachkriegszeit.
Das DFG-Projekt „Henze Digital“ widmet sich in seiner ersten Arbeitsphase (2021–2024) dem Briefwechsel mit Librettisten (Wystan Hugh Auden/Chester Kallman, Hans Magnus Enzensberger, Grete Weil/Walter Jokisch, Friedrich Hitzer), sowie Miguel Barnet als Autor wichtiger Textvorlagen und mit Henzes Mäzen und Auftraggeber Paul Sacher. Während im brieflichen Austausch mit Henzes Librettisten vor allem künstlerische und ästhetische Debatten, etwa über die Gewichtung von Musik und Sprache oder politische Kontroversen zu den gewählten Sujets ausgetragen werden, protokolliert der umfangreiche Briefwechsel mit Paul Sacher, dem Auftraggeber, Leiter von Uraufführungen sowie Widmungsträger bedeutender Werke Henzes, mit einem reichen Beilagen-Apparat aus Programmheften und Rezensionen Aufführungen und legt über entstehende Werke inhaltlich Rechenschaft ab.
Die Veröffentlichung der Briefe erfolgt digital auf der Basis von Übertragungen nach den Richtlinien der Text Encoding Initiative (TEI) und deren korrespondenzspezifischen Auszeichnungsformen. Webdesign und Funktionalität sollen sich an die Carl Maria von Weber Gesamtausgabe (WeGA-WebApp) anlehnen. Ziel ist eine wissenschaftlich kommentierte Edition nach historisch-kritischen Standards, die (einschließlich der Quelltexte) im Open Access bereitgestellt wird, ihre Metadaten in Briefdatenbanken wie correspSearch einspeist und durch diverse Funktionen der Filterung, Durchsuchung und Vernetzung werk-, personen- oder themenbezogener Daten eine nutzerorientierte Erschließung des Materials leistet. Hierfür werden Metadaten, textuelle Aspekte sowie in Briefen genannte Werke systematisch ausgezeichnet, kritisch kommentierende Annotationen zugeordnet, Verknüpfungen mit Normdatensätzen wie der GND (Gemeinsame Normdatei bzw. Werk-Normdatei) erstellt und Indices (Personen, Orte, Werke, briefwechselspezifische Chronologie) generiert.
Hans Werner Henzes künstlerisches Netzwerk. Digitale Briefedition, http://henze-digital.zenmem.de/A070006E (Version 0.1.3 vom 28. Juni 2022)